In der Sommersession 2024 des Grossen Rates des Kantons Bern diskutieren wir darüber, ob das Rathaus barrierefrei werden soll. Insbesondere geht es darum, ob ein Personenlift eingebaut und der Treppenlift in den Ratssaal damit ersetzt werden soll. Der Vorstoss wird in einer sogenannten «Reduzierten Debatte» diskutiert. Ich werde deshalb während der Debatte nicht persönlich Stellung nehmen. Damit interessierte Leute meine Meinung doch erfahren, mache ich das in schriftlicher Form.
Eines vorweg: Ich unterstütze die Motion «Barrierefreies Rathaus Bern II» voll und ganz in beiden Punkten. Ich bin aber nicht Mitmotionärin. D.h. ich habe den Vorstoss nicht mitunterzeichnet. Viele fragen sich vielleicht, warum? Bei der Erarbeitung wurde ich beigezogen und meine Expertise wurde eingearbeitet. Unterschrieben habe ich dennoch nicht. Es war ein bewusster Entscheid. Es ist offensichtlich, dass ich im Moment von einem Personenlift wohl am meisten profitieren würde. Insofern könnte man mir vorwerfen, dass ich für mich einen Lift machen will. Der Treppenlift ist aber bei weitem nicht ausschliesslich mein Problem. Das Problem kam durch meine Wahl in den Grossen Rat wieder ins Bewusstsein. Deshalb muss es nun gelöst werden – unabhängig von mir.
Was der Personenlift für mich bedeuten würde, möchte ich im Folgenden kurz erläutern. Ich könnte auch einmal während einer Debatte in der Rathaushalle oder auf der Tribüne Gäste begrüssen oder was man sonst noch so alles tut – regelmässig erhalte ich Besuch einer meiner Schulklassen. Ihnen kurz «Hallo» sagen, kann ich nicht. Gäbe es einen Personenlift könnte ich sogar während der Debatte einmal aufs WC gehen ohne schon nur für den Weg dorthin und wieder zurück 10 Minuten einzuplanen. Ja, die Fahrt auf dem Treppenlift dauert. Pro Session verbringe ich einen ganzen Sessionsmorgen auf dem Treppenlift. Und das nur für die unbedingt nötigen Fahrten.
Als Alt-Grossrätin auf der Tribüne zu sitzen, von oben auf die Geschehnisse zu schauen und vom amtierenden Grossratspräsidenten oder der amtierenden Grossratspräsidentin begrüsst zu werden – wie es üblich ist -, muss schon ein ganz besonderes Gefühl sein. Ob ich das je einmal erleben werde? Oder ob ich dann einfach vorne im Ratssaal platziert werde und die Ratsmitglieder auf mich herunterschauen, wie das bei Besuchenden im Rollstuhl im Moment üblich ist?
Ein Personenlift im Berner Rathaus ist überfällig, nicht (nur) für mich, sondern für alle Menschen mit temporären oder dauerhaften Behinderungen, die als Gäste, Mitarbeitende oder Gewählte ins Rathaus kommen.